Die Ausgangslage vor dem letzten Spieltag war klar. Vier Punkte betrug der Vorsprung der Tigers auf die Verfolger vom FSV Steinfurt. Der direkte Vergleich war in den letzten beiden Spielen gegen den FSV leicht zu Gunsten der Westfalen ausgefallen, entsprechend müsste die Refrather Mannschaft noch drei Punkte einfahren, um sich zum Meister der Regionalliga NRW zu küren.
Bei insgesamt sechs zu vergebenden Punkten keine unlösbare Aufgabe. Der Trupp aus Refrath machte sich also mit einem guten Gefühl, wenn auch mit nur sieben Feldspielern deutlich ersatzgeschwächt, auf den Weg ins 80 Kilometer entfernte Bochum.
Erster Gegner des Tages war der PSV Aachen. Der Gegner aus der Universitätsstadt war bereits am 4. Spieltag mit 24:6 von Refrath besiegt worden, damals traten die Aachener jedoch krankheits- und verletzungsbeding mit nur vier Feldspielern an. Dass das Rematch kein Selbstläufer werden würde, war allen Beteiligten bewusst. Trotzdem war das Ziel klar: „Das Ding zu gewinnen, die drei Punkte zu holen“ um dann im späteren Spiel gegen Bochum „einfach Spaß zu haben und wieder befreit zu spielen.“ Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, dass der Plan nicht aufgehen sollte.
Gegen Aachen entwickelte sich von Beginn an ein zerfahrenes Spiel, mit Chancen auf beiden Seiten. Mehrfach mussten die Torhüter in den ersten Minuten generische Chancen entschärfen. In der 9. Spielminute fiel schließlich das erste Tor, als der PSV einen Konter verwertete und den Refrather Meisterschaftsträumen erstmal einen Dämpfer versetzte. Die Mannschaft um Spielertrainer Sebastian Ludemann zeigte jedoch Charakter und drehte das Spiel noch vor der Pause (13., 16.). Nicht das letzte Mal, dass Refrath Moral beweisen sollte. Mit der knappen Führung ging es dann in die Pause.
Mit fortlaufender Spielzeit entwickelte sich dann zunehmend eine Refrather Überlegenheit, auch bedingt durch die numerische Überlegenheit auf der Auswechselbank. Ein weiterer Treffer und die damit verbundene Vorentscheidung sollte den Tigers aber nicht gelingen. Stattdessen kam es, wie es kommen musste. Vier Minuten vor Schluss gelang Aachen der Lucky Punch und der viel umjubelte Ausgleich. Mit dem Stand vom 2:2 nach regulärer Spielzeit ging es in die fünfminütige Overtime. Zu diesem Zeitpunkt hatten beide Mannschaften einen Punkt sicher, der Sieger der Verlängerung würde sich den dritten Punkt des Spiels sichern. Gespielt wurde im Modus „Sudden Death“, das nächste Tor würde das Spiel, und für Refrath die Meisterschaft, entscheiden. Entsprechen bedacht waren beide Mannschaften darauf, keine Fehler zu machen. Dies hatte jedoch zur Folge, dass Chancen auf beiden Seiten zur Mangelware wurden. Auf Seiten der Tigers kam noch einmal Hoffnung auf, als Aachen 90 Sekunden vor Ende der Verlängerung eine Strafe wegen eines hohen Stocks erhielt und somit bis Spielende gezwungen wurde, in Unterzahl zu spielen. Der Siegtreffer gelang den Refrather aber nicht mehr.
Sebastian Ludemann lobte nach dem Spiel den gegnerischen Torhüter, sah aber auch Fehler bei der eigenen Mannschaft: „Wir sind an dem Keeper von Aachen verzweifelt, haben es aber nicht in letzter Konsequenz zu Ende gespielt.“
Mit Schlusspfiff überwog für einen Moment die Enttäuschung, diese wich jedoch schnell Optimismus und dem Willen, das nächste Spiel unbedingt zu gewinnen. Das letzte Spiel der regulären Saison stand nach einer dreistündigen Pause gegen die Black Panthers Altenbochum an. Viel Zeit über das vorherige Spiel und die Saisonziele nachzudenken. Vielleicht zu viel Zeit.
Die Tigers begangen engagiert, trotzdem stand es nach knapp zwölf Minuten bereits 3:0 zu Gunsten der Hausherren, auch begünstigt durch zwei Strafzeiten gegen Refrath. Sollte die Mannschaft nun endgültig einknicken? Mitnichten. Wie bereits viele Male im bisherigen Saisonverlauf zeigte die Mannschaft Charakter und egalisierte innerhalb von drei Minuten den Spielstand. Eine eigene Überzahl und damit die große Chance auf die Führung verblieb ungenutzt.
Dies änderte sich aber schnell, als Benedikt Ludemann bereits 28 Sekunden nach Wiederanpfiff zur umjubelten Führung einnetzte. Wer meinte, das Spiel wäre nun gelaufen, täuschte sich jedoch gewaltig. Im Folgenden entwickelte sich eine hitzige Phase mit Toren hüben wie drüben. In der 25. Spielminute gelang der Heimmannschaft innerhalb von nur neun Sekunden nicht nur der Ausgleich, sondern auch die erneute Bochumer Führung. Diese hatte wiederum auch nur 20 Sekunden Bestand, bevor die Tigers das Spiel wiederum ausglichen. Jeder Fehler konnte nun der letzte sein. Beide Mannschaften waren fortan bedacht darauf, keine Fehler zu machen und dem Gegner keine Chancen anzubieten. Vorsicht prägte auf beiden Seiten das Spielgeschehen. Zehn Minuten vor Ablauf der Spielzeit gelang Refrath schließlich die erneute Führung, auch diese wurde aber fünf Minuten später ausgeglichen. Weitere Tore sollten bis Ende der regulären Spielzeit nicht mehr fallen.
Erneut ging es in die Verlängerung. Die Tigers erhielten also erneut die Möglichkeit mit dem Extrapunkt die Meisterschaft nach Hause zu fahren. Und dieses Mal sollte dies gelingen. Nach gerade einmal 20 Sekunden erzwang Sebastian Ludemann einen Bochumer Ballverlust in deren eigener Hälfte, und damit den Refrather Gegenangriff. Die gesamte Refrather Bank hielt die Luft an als, als Benedikt Ludemann den Ball aufnahm und in Richtung des Bochumer Tores marschierte. Einige Sekunden später zappelte der Ball im Netz. Die TV Refrath Tigers hatten gerade das Spiel und damit die Meisterschaft gewonnen. Die Erleichterung und der Stolz stand allen, die es mit Refrath hielten, ins Gesicht geschrieben.
Der Torschütze beschrieb die letzten Momente des Spiels im Nachhinein wie folgt: „Der Ball lag frei nach einem Ballgewinn von uns. Der Weg zum Tor war frei. Ich bin los marschiert Richtung Tor, ein Gegenspieler war noch in der Nähe. In dem Moment hatte ich kurze Angst und Sorge, dass ich vielleicht gefoult werde und die Chance dahin ist, aber kam nicht so, zum Glück. Und dann hab ich mir gedacht: Ja, den muss ich jetzt machen! Wo der Ball dann im Tor drin war, war ein Gefühl der Erlösung und der Erleichterung, dass es jetzt geschafft ist und vollbracht ist, und wir den Titel jetzt sicher nach Hause geholt haben.“ Kurzum: „Ein geiles Gefühl“.
Den TV Refrath Tigers bleibt jetzt eine kurze Zeit, die NRW-Meisterschaft zu genießen, ehe am 24.05. die Westdeutsche Meisterschaft ausgespielt wird. Dann geht es gegen den zweiplatzierten Rivalen aus Burgsteinfurt. Es bleibt also spannend für die Tigers. Und wer weiß, zu was diese Mannschaft noch im Stande ist?